Es gibt ein paar Anhaltspunkte, an denen man sich bei der Ausübung seiner Aufsichtspflicht orientieren kann.
Die Gruppenmitglieder
Jüngere Kinder sind intensiver zu beaufsichtigen als ältere. Während man einen 5-Jährigen immer im Auge behalten sollte, können einem 12-Jährigen mehr Freiräume gegeben werden. Wenn keine besonderen Gefahren drohen, kann man folgende Faustregel anwenden: Kinder bis 6 Jahre müssen durchgehend beobachtet werden, 7 bis 8-Jährige alle 20 bis 30 Minuten und 9 bis 11-Jährige alle 60 bis 90 Minuten. Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren können tagsüber auch schon mal 2 bis 3 Stunden allein gelassen werden.
Auch der Entwicklungsstand und besondere Neigungen sind wichtige Aufsichtspflicht-Faktoren. Kinder der gleichen Altersstufe können ganz unterschiedlich entwickelt sein. Zur Beurteilung der Reife dient insbesondere das bisherige Verhalten in der Gruppe. Ein Raufbold z. B. muss intensiver beaufsichtigt werden. Die Kenntnisse und Fähigkeiten der Kinder sind ebenfalls ein bedeutendes Kriterium. Aus diesen Gründen ist es immer sinnvoll, die Teilnehmer möglichst schnell gut kennenzulernen.
Programm & Ort
Auch das Programm und der Veranstaltungsort sind wichtige Beurteilungskriterien. Bestehen besondere Gefahren, z. B. Gruppe geht schwimmen, muss die Aufsicht intensiver sein als bei Bastelarbeiten. Das eigenständige Hantieren mit gefährlichen Gegenständen, z. B. Messern, Werkzeugen und Streichhölzern, sollte Kindern unter 10 Jahren ohne direkte Aufsicht untersagt werden. Wenn örtliche Gefahrenquellen vorhanden sind, z. B. eine viel befahrene Straße, ein reißender Fluss beim Zeltlager oder ein alter Steinbruch auf der Strecke einer Naturrallye, sollte man stets besondere Vorsicht walten lassen.
Das Betreuerteam
Auch die Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen der Gruppenleiter spielen bei der Aufsichtspflicht eine Rolle: Ein unerfahrener Betreuer sollte besser “auf Nummer sicher” gehen und lieber einmal zu viel als zu wenig nachschauen. Ein Erfahrener, der die Kinder und die Situation schneller einschätzen kann, darf die Zügel schon mal lockerer lassen.
Als Gruppenleiter darf man sich auch mit der Gruppengröße nicht übernehmen. Allgemein ist davon auszugehen, dass ein Betreuer bei normalen, ungefährlichen Aktivitäten zehn bis zwölf Kinder beaufsichtigen kann, im Gruppenraum auch etwas mehr. Drohen mehr Gefahren, wie z. B. auf einem Zeltlager, sollte ein Gruppenleiter nicht mehr als acht Teilnehmer betreuen. Bei risikoreichen Unternehmungen wie Radfahren, Kanufahren, Bergwandern und Schwimmen ist ein Aufsichtsverhältnis von eins zu sechs ideal. Wenn kurzfristig ein Gruppenleiter ausfällt, z. B. wegen Krankheit, darf ein Betreuer auch mehr Kinder beaufsichtigen. Dann muss er die Aufsichtsführung aber rigoros handhaben und gefährliche Aktivitäten aussetzen. Schließlich ist die körperliche und psychische Zumutbarkeit für den Gruppenleiter ein wichtiges Kriterium für das Ausmaß der Aufsichtspflicht. Er darf mit der Betreuung nicht überfordert werden. Eine Rund-um-die-Uhr-Beaufsichtigung auf einem Zeltlager kann z. B. normalerweise nicht verlangt werden.